05:46 | Sigrid Hroch

Einblicke – Ausblicke – Weitblicke
Anfangs nimmt mich das Naheliegende gefangen. Die Häuser direkt unter mir. Was ist verborgen hinter den Fenstern, Balkonen, Innenhöfen? Die Phantasie beginnt zu schweifen und mit ihr mein Blick. Langsam werden die Konturen schärfer – Kamine, Dachfirste, Ziegel heben sich aus der Masse. Meine Augen gewöhnen sich an den Wechsel vom Schauen in die Ferne und dem „Schärfen“ von Details.
Ein magischer Moment: die Sonne färbt die kleinen Wölkchen am Himmel in unterschiedliche Farbtöne, von grauviolett bis zartrosa; Schaumkronen über dem Häusermeer.
Von Anfang an hat mich das auf- und abschwellende Rauschen des Windes begleitet, der die Bäume unter mir heftig „zerzaust“. Er überdeckt lange Zeit das Grundrauschen der Stadt. Die aufgehende Sonne rückt Stück für Stück die Ränder der Stadt in den Vordergrund. Immer deutlicher wird jetzt das, was „draußen“ liegt, weiter entfernt ist.
Lange war die Präsenz der Menschen nur spürbar, in den wenigen Autos, die meinen Blick gefangen haben. Immer öfter werde nsie jetzt sichtbar – radelnd, laufend, gehend, hastend…
Die Stadt erwacht spürbar und hörbar – der einzige messbare Anhaltspunkt für mich, dass die Zeit voranschreitet. Schneller als erwartet ist die Stunde vorbei – meine ganz persönliche Stunde mit „meiner“ Stadt. Die verblassende Scheibe des Mondes hat mich begleitet. Jetzt begleitet mich die Sonne hinunter in die Stadt – aus der Position der „Außenstehenden“ werde ich wieder Teil dieser Stadt.
Es war wunderschön.