07:27 | Astrid Scharfetter

Ratlos blicke ich aus meinem Fenster. Wachen über die Stadt. Hier und jetzt. Wie denn das?
Ach ja. Ich stehe – aufrecht, offen
Kein spektakulärer Sonnenaufgang aus der Schwärze der Nacht. Kein Hauch von Rosa, nicht einmal Gelb. Bloß ein Helligkeitsverlauf. Ich fühle Müdigkeit. Das bunte Treiben meiner Gedanken. Da geht die Post ab. Ups, ich habe meine Augen geschlossen. Wo bin ich eigentlich gerade? Der Schrei einer Krähe holt mich ab.
Ach ja. Ich stehe – wach
Draußen Stille. Keine Bewegung. Kein Tun. Kein Mensch. Die schneebestäubten Zweige der Nadelbäume wie abgespreizte Federchen. Das gefällt mir. Kinderspuren im Schnee – von gestern. Katzenspuren entlang des Zauns – frisch. Meine Füße sind warm. Ich lungere am Fenster.
Ach ja. Ich stehe – aufrecht
Zwei Tauben landen. Der Ast schwankt. Schnee rieselt hinunter. Das wechselnde Muster beleuchteter Fenster. Die Bewegung einer neongelben Hose. Eine Biomülltone wird ratternd aus dem Hof geschoben. Weiter weg das Poltern am Müllwagen, das Anfahren. Ein Folgetonhorn. Glockengeläute – schon so spät! Ich muss die Zeit nützen. Was ist da interessant, was ist brauchbar? Interessant für wen? Brauchbar wofür? Schon wieder mein Kopf. Er sortiert schon, formuliert, verwirft. Ich werde ärgerlich.
Ich besinne mich.
Ich stehe – offen.
Doch meine Zeit – schon vorbei.

© BegleiterInnenfoto: Katrin Peyker