17:53 | Walter Schreiber

Gewitterregen: Wasserschwälle ergießen sich über die Fenster, die Installation vibriert im peitschenden Wind, Hagelkörner pochen in unregelmäßigen Abständen an die Holzwände. Graz ist versunken im Dunst; ostseitig ragen einige Kirchen und hohe Gebäude heraus, westseitig ist hinter dem Garten Schluss mit der Sicht.

Unwetter über Graz – und ich wache hier. Eigentlich eine Lächerlichkeit, denke ich, während das Sirenengeheul der Feuerwehren zu hören ist. Nichts könnte ich für Graz tun als „Wachender“.
Graz ist mir ans Herz gewachsen in den 25 Jahren (fast auf den Tag genau!), in denen ich hier lebe. Graz mit seinen „Schönwetterseiten“, vielen Menschen, der Kultur, seiner lebensfrohen Freiheit, dem Miteinander; Graz auch mit seinen „Schlechtwetterseiten“ wie der gesellschaftlichen Spaltung bei Themen wie Migration oder – aktuell – CoViD19.

Was kann ich tun, wenn es „Unwetter“ gibt? Mir fällt jene Bedeutung von „Vigil“ ein, die wir in der katholischen Kirche (in der ich arbeite) verwenden: „Wach sein“ heißt es da. Und es fällt mir wie Schuppen von den Augen, dass das, was ich hier mache, exakt das ist, was ich von hier mitnehme: Ich will „wach bleiben“ in Graz, aufmerksam auf gesellschaftliche, kulturelle… Schönheiten ebenso wie auf Schweres, Bedürftige(s).

Eines noch: „Regen bringt Segen“ heißt ein alter Spruch aus der Landwirtschaft. Als kirchlicher Mensch wünsche und erbitte ich hier und heute „Segen über Graz“.