15:19 | Jana Tsybrovskyy

Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät? Ja. Es ist spät und es ist an der Zeit. An der Zeit für ein neues Jahr, für einen Restart, für den Aufbruch. Während die letzten Sonnenstrahlen des Jahres von einem zauberhaften Glockenspiel begleitet wurden, legte sich ein Schatten über die Stadt. Der Beginn der nächtlichen Dunkelheit. Keine böse, gefährliche Dunkelheit, sondern eine mystische, magische, vertraute Dunkelheit. Brauchen wir das überhaupt, ein neues Jahr? Jedes Jahr sagen die Leute, wenn der 31.12. gekommen ist, dass das vergangene Jahr kein gutes war und hoffen auf ein besseres neues Jahr. Ist das nicht bescheuert? Die kleinen und großen Dinge, die uns im Leben Freude bereiten, am 31.12 zu relativieren, um auf ein besseres Jahr hoffen zu können?Ich sehe die Leute, die eislaufen. Sie haben wohl alle ziemlich viel Spaß. So sollten alle den letzten Tag des Jahres verbringen. Mit Freude. Ich denke an die Kinder, die dort unten jetzt Abfangen spielen und nichts Böses ahnen. Viel zu schnell sind die Jahre meiner Kindheit vergangen. Die Jahre, in denen ich in meiner kindlichen Naivität glücklich war. Jahre, in denen mich die Politik nicht interessiert, geschweige den belastet hat. Wir brauchen ein neues Jahr, weil es den Menschen Mut macht und ihnen Hoffnung gibt. Hoffnung. Glaube. An was? Ich sehe unzählige Kirchen. Es sind so viele, dass ich mich frage, wie es sein kann, dass sie nicht für alle Menschen lebensbestimmend sind. Nicht, dass die Menschen meiner Meinung nach alle religiös sein sollten. Aber einen Glaube, welcher Art auch immer, irgendeine Stütze muss doch jetzt jeder haben. Egal ob Religion, Philosophie, Naturwissenschaften oder etwas ganz anderes. Sind wir Menschen nicht haltlos und verloren ohne eine solche Stütze? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir schon mitten in dieser Haltlosigkeit sind. Wir schlittern von einem Jahr ins nächste, wirtschaften immer mehr, wollen immer weiter hinaus, wollen immer das noch Bessere. Wir brauchen ein neues Jahr. Aber nicht nur das. Wir brauchen neue Werte. Und während ich bezweifle, ob sich dahingehend jemals etwas ändern wird, feiert die Natur den Wechsel von einem schönen Jahr in ein neues, ebenfalls schönes Jahr. Und wenn man nur gut genug hinsieht, kann man das Schöne sehen, man muss es nur wollen.