05:51 | Ernestine Reichel

Ich schaue nicht auf die Stadt, ich bin in der Stadt, in einem Haus, hinter der Balkontür, draußen wäre es ja zu kalt.
Von hier sehe ich sehr viel. Am Anfang nicht. Der Hof, die Balkone rundherum, Dächer dahinter Hochhäuser. Der Himmel ist grau, hellgrau, etwas tiefer hängen ein paar dunkelgraue Wolken, leichte Wolken.

(…)

An der Fassade gegenüber, an der mit den vielen großen Fenstern, wird es strahlend hell. Das ist die Sonne, die sich dort spiegelt. An der Hauswand nebenan sehe ich jetzt Hell / Dunkel, die Ränder werden schärfer, ich erkenne die Schatten der Bäume. Eine Frau öffnet ein Fenster, schaut lange her. Die Sonne hinter mit muss wieder von den Wolken verdeckt sein, die Schatten sind weg.
Jetzt bewegt sich was vor meinen Augen, kleine weiße Punkte. Nein, meine Augen spielen nicht verrückt. Es sind Schneeflankerl. Gänsehaut.

© BegleiterInnenfoto: Ernst Preininger